Allgemeiner Trend

Veröffentlicht am 17. Oktober 2024
Und wieder lieg ich hier auf meiner Yacht,
Dem eitlen, leeren Müßiggang ergeben
Und gänzlich ohne Plan und Sinn im Leben,
Da hab ich unversehens mir gedacht:

Was wohl die Lena Hoschek derzeit macht,
Die für ihr unternehmerisches Streben,
Die Mode zum Geschäftszweck zu erheben,
von mir einst mit Bewunderung bedacht?

Was muss ich nun im Internet erfahren?
Auch sie folgt einem allgemeinen Trend,
Der leider zunimmt in den letzten Jahren

Und sichtlich keine Gegenrichtung kennt:
Es wankt nun auch das Reich der Modezarin,
die Hoschek ist seit kurzem insolvent.

Immer wieder Österreich!

Veröffentlicht am 1. Oktober 2024

Als ich vor fast 20 Jahren in dieses Land zog, tat ich es unter dem Eindruck, dass in Österreich recht gescheite Leute lebten. Leute, die ihre Traditionen pflegten und zugleich die Chancen ergriffen, die ihnen die europäische Integration und Erweiterung nach Osten boten – also quasi „Laptop und Lederhose“, wie es damals in Bayern hieß, aber ohne das dümmlich Auftrumpfende, das die Bayern allseits so beliebt macht.

Nun, es ist wohl kaum nötig zu sagen, dass sich jener Eindruck als Täuschung erwiesen hat, und nicht erst am vergangenen Sonntag.

Wobei man zur Nationalratswahl 2024 anmerken muss, dass den ca. 6,35 Millionen Wahlberechtigten ab 16 Jahren ca. 1,5 Millionen Menschen gegenüberstehen, die nicht wählen durften, obwohl sie in diesem Land leben und älter als 16 sind. Der Grund: Sie besitzen – wie auch ich – nicht die österreichische Staatsbürgerschaft.

Österreich hat eines der restriktivsten Staatsbürgerrechte der Welt. Nur Saudi Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate sind da noch strenger. Und die Zahl der hier Ansässigen ohne Wahlrecht wächst, weil die österreichische Gesellschaft wächst, aber eben nur dank Zuwanderung.

Dass das für die Repräsentativität von Wahlergebnissen Probleme aufwirft, liegt auf der Hand: Es relativiert erstens den Machtanspruch einer Partei, die zwar 29 % der Stimmen an Land gezogen hat. Rechnet man aber die freiwilligen und unfreiwilligen Nichtwähler heraus, haben „nur“ 18 % der hier lebenden Menschen im wahlfähigen Alter sie gewählt, oder anders gesagt: 82 % haben die Partei nicht gewählt.

Von einer echten „Volksherrschaft“ kann da kaum die Rede sein.

Geschlossene Gesellschaft

Zweitens verzerrt ein solches Wahlrecht den politischen Wettbewerb, indem es die Blut- und Boden-Parteien begünstigt. Denn die versprechen ja den eh schon Privilegierten noch mehr Vorrechte – oder vielmehr. Sie versprechen ihnen, jene anderen weiter zu entrechten, die schon jetzt weniger Rechte haben als die Einheimischen: die „Fremden“. Etwa durch Abschaffung des Asylrechts oder des Rechts auf Sozialhilfe für Nicht-Österreicher – aber womöglich ist ja auch hier Saudi Arabien das angestrebte Modell.

Jedenfalls spiegelt das Staatsbürgerrecht die Exklusivität der österreichischen Gesellschaft wider und fördert zugleich die völkische Zurichtung der Demokratie.

Das pathologische Ausmaß der hierzulande kultivierten Abneigung gegen „Fremde“ ist mir 2016 bewusst geworden, nach der sogenannten „Flüchtlingskrise“. Als Mitorganisator eines Hilfprojekts für Familien, die aus Syrien und dem Irak geflohen waren, wurde ich zum Adressat von Zuschriften angesehener Mitbürger, die ihrer „Trauer“ über die „Zerstörung“ ihrer „schönen Heimat“ durch „dieses Gesindel“ (d.h. die geflüchteten Familien) zum Ausdruck brachten. Und mir vorwarfen, an dieser Zerstörung mitzuwirken.

Um eins klarzustellen: Als Deutscher, der ökonomisch relativ unabhängig und zudem mit einer Österreicherin verheiratet ist, habe ich hier wenig auszustehen. Uns Deutschen gegenüber pflegen Österreicher ein ganz eigenes Ressentiment, das sich zwar gern trotzig gibt, das dahinter stehende Gefühl der Unterlegenheit lässt sich aber kaum verhehlen. Das macht es natürlich einfacher, sich dagegen zu wehren beziehungsweise Angriffe von vornherein zu vermeiden, indem man das genannte Gefühl beim Gegenüber schont. In letzter Zeit haben auch die Performance der Deutschen Bahn und Fußballnational-Mannschaft der Männer viel dazu beigetragen, das Verhältnis zu verbessern.

Neulich am Neusiedler See

Trotzdem erlebt man immer wieder so Sachen wie vor einiger Zeit am Neusiedler See. Eine Freundin – auch eine Deutsche, die schon lange hier lebt: wir Migrant:innen bilden nunmal gern unsere Parallelgesellschaften – hält sich dort ein kleines Boot, auf dem wir zusammen einen freien Tag genießen wollten. Da der See damals sehr wenig Wasser hatte, verbrachten wir den Tag großteils am Steg, wo die Boote eng an eng benachbart liegen. Neben dem unserer Freundin lag eine größere Yacht, deren Besitzer ebenfalls da war – Altergruppe: junger Pensionist.

Wie es so geht: Man grüßt über die Reling, wechselt ein paar belanglose Worte über das Wetter, den See usw., und dann sagt einem der Nachbar geradewegs ins Gesicht: „Noch mehr Deutsche! Es gibt hier eh schon viel zu viele von euch.“ Dabei stand neben ihm, ohne etwas zu sagen, seine sichtlich jüngere Partnerin. Dass auch sie aus Deutschland stammte, erfuhren wir dann von unserer Freundin.

Später versuchte ich den Mann zu beruhigen. Auch wenn man es an ihrer Sprache nicht höre: Meine Frau sei eigentlich Österreicherin und infolgedessen seien auch unsere Kinder Österreicher. Das hörten andere Nachbarn, die inzwischen dazugekommen waren, Besitzer eines Hauses neben dem Hafen und erkennbar gut situierte Leute. Sie mischten sich ein: Wenigstens seien unsere Kinder blond. „Das können wir hier in Österreich gut gebrauchen.“

Silbenakrobatik

Veröffentlicht am 24. September 2024
Das Klinggedicht in seiner Formenstrenge,
Mit seiner jambisch-fünfhebigen Statik
Und seiner Vier- und Drei-Reim-Systematik,
Assoziiert man oft mit Zwang und Enge.

Doch wenn ich mich in diese Jacke zwänge,
Dann tu ich’s, weil mich diese Problematik
Reizt, diese Art von Silbenakrobatik,
Das Arrangieren formgebundner Klänge.

Erstaunlich auch die Vielzahl an Geschichten,
Die man erzählen kann in vierzehn Zeilen
mit fünf betonten Silben, und mitnichten

Ein End in Sicht. So werd auch ich wohl feilen
An weiteren Sonetten, Klanggedichten,
Und wenn eins glückt, es gern mit andern teilen.

Wieder an Bord

Veröffentlicht am 29. Juli 2024

Nachdem der alte Tanker „Wissenschaftliche Buchgesellschaft“ im Herbst 2023 an den Klippen der Digitalisierung zerschellt war, drohte auch der Sobresaliente und Gentleman-Passagier Antonio Pigafetta im Strudel der Insolvenz unterzugehen. Was sehr schade gewesen wäre, hat der wackere Globetrotter doch eine Geschichte zu erzählen, die auch nach 500 Jahren nichts von ihrer Frische eingebüßt hat: seinen Bericht von der ersten Umsegelung der Erde 1519-1522.

Doch für alle Pigafetta-Fans und solche, die es noch werden wollen, gibt es gute Nachrichten: Wir konnten für Pigafetta eine neue Passage finden! Der Weltenbummler ist jetzt beim Verlag C.H. Beck an Bord gegangen, der seinen Bericht im Frühjahr 2025 wieder auf die Reise schicken wird. Das freut uns sehr, nicht zuletzt auch deshalb, weil dies die einzige vollständige und authentische deutsche Übersetzung von Pigafettas Reisebericht ist.

Enthält vermeintliche „True Stories“: Magazin REPORTAGEN.

Dass die Pigafetta-Ausgabe der Edition Erdmann den Text mutwillig verfälscht, hat sich anscheinend nicht überall herumgesprochen. So bringt das Magazin REPORTAGEN vom Mai 2024 einen als „historische Reportage“ deklarierten Auszug aus der Erdmann-Ausgabe. Da liest man dann wieder Unsinn wie den, dass Magellan seine Truppen vor dem tödlichen Scharmützel auf Mactan mit dem Hinweis auf die kriegerischen Erfolge des Hernán Cortés in Yucatán angefeuert habe – von denen Magellan jedoch weder wusste noch wissen konnte.

Angeblich bringt dieses Magazin „True Stories“ unter die Leute. Die folgenden Behauptungen seiner Redaktion sind jedenfalls nicht in allen Teilen wahr: Magellan sei „1521 auf einen Archipel“ gestoßen: „die Philippinen – so von Magellan nach seinem Financier, dem spanischen König Philipp, benannt“ … Tatsächlich hießen Magellans Geldgeber Karl I. und Cristóbal de Haro, und die Inselgruppe, auf die er am 16. März 1521 stieß, nannte er „Archipel des Heiligen Lazarus“. Ihren Namen „Philippinen“ gab den Inseln gut zwanzig Jahre später Ruy López de Villalobos zu Ehren des damaligen Kronprinzen von Spanien, Philipp II.

Wer glaubt, dass historische Fakten von Bedeutung sind, wird sich daher mit uns freuen, dass Pigafettas Bericht bald wieder in einer wahrhaftigen Übersetzung erhältlich ist. Gut lesen lässt sich diese Übersetzung übrigens auch: Das bezeugen nicht nur viele zufriedene Leser:innen, sondern auch Radio- und Fernsehproduktionen, die sie verwenden.

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